Berlin.
Es ist für mich (Markus) nicht einfach alles aufzuschreiben was da Sonntag passierte. Und die Tage und Wochen davor. Vorab: Bin ich zufrieden mit meiner Leistung? Nein!
Angefangen hat alles letztes Jahr – als ich Franzi bei ihrem ersten Halbmarathon supportet habe. Die ganze Veranstaltung fand ich sehr toll und daher hatten wir beschlossen in diesem Jahr gemeinsam anzutreten. Gesagt, getan, gebucht. Wir haben seit einigen Monaten unsere Trainingspläne von Pushing Limits (dazu in einem gesonderten Bericht mehr) und haben einen Halbmarathonplan in unseren regulären Trainingsplan für den Indeland Triathlon integrieren können. Ob es die richtige Entscheidung war, es so zu gestalten sehen wir Ende Juni. 🙂 Auf jeden Fall waren die Laufeinheiten zusätzlich nicht einfach in meinen Tagesablauf zu kriegen. Mittwochs nach 10 Stunden arbeiten noch 15K laufen zu müssen … puh. Ja. Aber so ist das halt mit vorgefertigten Plänen, da wird keine Rücksicht genommen. Wie auch.
Zug und Hotel hatten wir schon rechtzeitig gebucht und eigentlich konnte alles losgehen. Wenn die Bahn allerdings auf einer Fahrt insgesamt 9 (!) Änderungen innerhalb 4 Wochen vornimmt …….. ja. puh. Zug fällt aus – nimm die Alternative. Ok. Sitzplatz gebucht. Zwei Tage später: April April. Haha. Der Zug fällt auch aus. Nimm den bei dem du 7 mal umsteigen musst. Ich bin ja wirklich ein begeisterter Zugfahrer – aber manchmal ist es echt nicht einfach.
Für uns ging es Freitag um 6 Uhr los und wir sollten um 13 Uhr in Berlin HBF sein. Und – überraschung: Auf die Minute pünktlich eingerollt. Zum Hotel gelaufen. Eingecheckt. Frisch gemacht und los zur Messe. Die Erfahrung zeigt, dass bei solch grossen Veranstaltungen Freitags die BIB zu holen die deutlich weniger Zeitintensive Alternative ist. Noch ein bissle über die Expo geschlendert, bei Incylence in die Falle getappt, einen Teil der Stuttgarter Crew getroffen und wieder zurück ins Hotel. Abends sind wir wieder wie im letzten Jahr zum Essen zu „Miss Vegan“. Einfach unfassbar leckeres Asiatisches Essen. Auf dem Rückweg durch das wirklich heftige Gewitter komplett durchnässt worden. Die gleichzeitig ankommende Mail der Veranstalter dass es Sonntag sehr sehr warm werden soll nahmen wir in dem Moment eher schmunzelnd zur Kenntnis.
Unser Hotel war ja tatsächlich nur 500 Meter von der Siegessäule entfernt und daher konnten wir Samstag unseren „Aktivierungslauf“ im Tiergarten machen. Bissle anlaufen, strides, zurück, frühstücken. So war der Plan. Durch den Regen am Vorabend gab es überall im Tiergarten auf den Wegen riesige Pfützen. Manche laufen drumherum, manche hüpfen drüber, manche hüpfen drüber und merken im Sprung dass es mit „schnellen“ Schuhen bei der Landung haarig wird.
Auf jeden Fall ist einer von uns Beiden dann halt doch bäuchlings durch die nächste Pfütze gerutscht und sah entsprechend aus. Die Blicke der anderen Läufer*innen auf dem Rückweg ……… komplett mit den Laufsachen direkt unter die Dusche damit wenigstens meine Hose wieder Sonntag nutzbar wird. Frühstücken und dann bei bestem Sommerwetter raus. Stadt erkunden wollten wir eh nicht. Siegessäule hochgeklettert, in Kreuzberg bei CoreTex ein bissle geshoppt und Bier getrunken und bei den Kraftrunners auch noch vorbeigeschaut. Da es Sonntag nun wirklich warm werden soll haben wir uns unterwegs noch mit Sonnencreme eingedeckt.
Genau gegenüber vom Hotel war ein italienisches Restaurant/Panetteria. Hier war abends die Hölle los und eigentlich warens zu 99% Läufer*innen die dort gegessen haben. Interessant zu sehen wie verschieden sich vor so einem Wettkampf ernährt wird. Während die Einen sich Bier und fettige Pizza oder irgendeine Pasta mit Sahne bestellen – sitzen die Anderen bei einer Pasta mit Tomatensosse und Wasser ……… früh ins Bett war die Devise und bei irgendeinem Harry Potter Film eingeschlafen. Viel zu früh wieder wach geworden und da wir erst um 10.50 Uhr starten sollten musste wir uns auch nicht so arg beeilen. Das ist das Glück der Langsamen! Immodium nehmen – Honigwaffeln, Wasser, Kaffee. Frühstück erledigt.
Zeug packen. Koffer abgeben. Zum Start laufen. Mit vielen vielen Anderen. Im Vorstartbereich haben sich sehr viele Leute eingelaufen – von Lauf ABC bis zu kurzen Strides und manche sind einfach nur rumgessessen. Wie so Hippies. :). Auch immer wieder spannend. Jede*r bereitet sich doch anders vor. Rein. Kloschlange. Sonnencreme und Vaseline und schnell zum Start. Leider war die Kloschlange mit fast 45 Minuten Wartezeit ein bissle zu lange so dass ich meiner Startgruppe ein bissle auf dem Weg zur Startlinie hinterherlaufen musste. Im Nachhinein eine dumme Idee. Beim nächsten mal einfach in den nächsten Startblock stellen und gut. Startlinie, Uhr an, los gehts. Mein Plan war auf eine 2.05h zu laufen. Für viele hier ist so eine Zeit lächerlich – für mich eine tolle Zeit.
Nicht zu schnell los und mit einem negativen Split auf den letzten 11k dann auf PB laufen. KM 5 und KM 10 waren genau im Plan und die Uhr sagte Zielzeit 2.06. Das bissle geschwollene Knie vom Sturz vom Vortag interessierte nicht. Gel alle 4.5 KM genommen. Immer an jeder Verpflegungsstelle Wasser. Ich fühlte mich super. Ich habe dieses mal für „schnelle“ Schuhe entschieden und das war auch genau richtig so. Kurzer Einwurf. Man gibt bei der Anmeldung eine geschätzte Zielzeit ein und wird dann in die entsprechenden Startblöcke zugeteilt. Ich lief die ersten 5K in einer 6.21er Pace und habe konstant überholt und wurde nicht überholt. Man muss sich echt fragen warum die Menschen in diesem Startblock waren und auch wieviele schon nach knapp einem KM die ersten Gehpausen machen mussten. Die Aufregung? Zu schnell losgeballert?
So dann steig ich (Franzi) hier auch mal ein. Während Markus schon auf der Strecke ist, reihe ich mich in meinen Startblock ein. Mir ist das immer etwas zu trubelig. Zu viele Menschen rechts, links, hinten und vorne. Aber ich wollte mich an die 2.30 Pacer halten. Also mittenrein. Ich hatte mir zwei Ziele gesetzt. Die 2.30 versuchen. Laut Trainingsplanprognose machbar. Und wenn ich merke, dass wird nichts, dann im Schnitt schneller als 7.30 min/km zu laufen. So oder so schneller als 2023 sein.
Die Meldungen das Saharastaub in der Luft liegt hatte ich natürlich auch gehört. Im Normalfall mache ich dann als Asthmatiker auch eher keinen Sport draußen oder versuche es zumindest kurz zu halten. Aber den Tag kann ich mir ja heute nicht raussuchen. Ich habe mein Asthmaspray dabei und fühl mich dennoch sehr gut am Start. Stimmung ist halt auch Bombe. Bin schließlich auch in der letzten und besten Startgruppe.
Die Stimmung war bis auf ein paar weniger Ausnahmen großartig an der Strecke und es standen unfassbar viele Menschen am Rand. Bewaffnet mit Schildern, Irgendwelchen Blueooth-Boxen, Samba-Gruppen, …… Ich verstehe nicht wie man bei so einem Lauf mit Kopfhörern laufen kann. Lasst Euch doch von der Stimmung tragen. Im übrigen: Wenn ein Kind am Streckenrand steht und den Arm rausstreckt – dann gibt man da gefälligst ein „high-Five“.
Die Veranstalter hatten Pacemaker in allen Blöcken. Leider war „mein“ Pacemaker in einem Startblock dahinter. Keine Ahnung was da schief lief oder ich nicht richtig verstanden habe. Dazu wurde ich von einer Gruppe „Sub2“ bei KM 17 überholt ……… Zurück zum Rennen. Bis KM11 war alles super im Plan und dann passierte genau das wovor ich in meinem Kopf die letzten KM schiss hatte: Die Zuschauer*innen querten immer wieder die Straße – das ist ja auch kein Problem. Ein Problem ist es wenn die Querer die Geschwindigkeit unterschätzen und/oder drölfzig Kinder oder ein Fahrrad dabei haben. Mehrere Faststürze gesehen und wenn man ehrlich ist: Ich will mich bei einem Rennen nicht auch noch darauf konzentrieren müssen. Es reicht schon auf abrupt stehenbleibende Läufer*innen oder super schnell von hinten Überholende aufzupassen. Auf jeden Fall sehe ich im rechten Augenwinkel noch den Kinderwagen ankommen und schwupps lag ich (mit ein paar Anderen) auf der Straße. Wieder aufs Knie und Ellenbogen. Wieder aufgeschürft. Kacke. Kurz sammeln und schimpfen. Und weiter gelaufen. Ich merkte das nun irgendwie die Luft raus war und lief bis KM 15 dann auf Zielzeit 2.13h. Nicht geil aber halt im Ziel. Und dann passierte irgendetwas in meinem Kopf was ich mir nicht erklären kann. War es wirklich der Sturz gestern und gerade eben oder ist es irgendwas anderes? Ich kann es auch aktuell noch nicht sagen. Mein Körper wollte nimmer. Zu Heiß. Knie aua. Beine schwer. Mimimi. Alles war scheiße und kam überhaupt nicht mehr in gang.
Ich habe die letzten 6KM in knapp 43 Minuten gelaufen. So langsam lauf ich nicht mal meine Longruns. Bei den Cheeringpoints der Adidas-Runners und der Kraftrunners nochmal ein bissle Motivation mitgenommen …… aber nix ging mehr. Eingebogen auf „unter den Linden“. Ich wollte wenigstens den Lauf laufend beenden. Zusammengerissen und „stolz“ unter dem Brandenburger Tor durch ins Ziel. Selten war meine Gemütslage so verschieden wie in diesem Moment. Irgendwas mit 2.23h auf der Uhr. Medaille abgeholt und mit Bier in der Hand auf Franzi gewartet.
Es ist total schön bei solch einer Veranstaltung die Läufer*innen im Zielbereich zu sehen. Zwischen gelangweilt am Handy – sind da unfassbar viele Menschen die einfach ihre Gefühle raus lassen, es realisieren was sie da geschafft haben und das sich das ganze Training auch irgendwie gelohnt hat. Genau für diesen Moment. Dann kam Franzi angelaufen. Sie hatte Ihre Zielzeit zwar verpasst, sah aber trotzdem sehr sehr glücklich aus.
Los gehts. Die 2.30 Pacer immer im Blick und vor mir. Puh die starten nur etwas schneller als gedacht. Ok dranbleiben. Wird schon.
Es läuft ganz ok. Fühlt sich irgendwie aber schwerer an als letztes Jahr. Die Stimmung ist dennoch einfach wieder großartig. Ich lächle und laufe.
Die Pacer hab ich nach 5 km verloren…egal ich lauf ja eigentlich eh lieber alleine. Naja alleine bin ich auch nicht und es ist zum Teil ein ganz schönes Schieben und Aufpassen, dass man nicht über jemand stolpert der abrupt anhält. Setze mich dann lieber etwas von der Menge ab. Ich lauf auch sonst lieber alleine. So Gruppenläufe sind ein Graus für mich.
Bei Kilometer 8 fängt mein Hals an zu schmerzen. Und ich merke wie das mit der Luft zunehmend schlechter wird. Verdammt. Aber egal. Kilometer 11- mehr als die Hälfte geschafft und die Stimmung ist einfach toll. Ich checke die Zielzeit. Von der 2.30 bin ich nun ein paar Minuten entfernt. Ich versuche immer wieder etwas mehr Tempo zu machen, aber merk einfach wie der Hals zunehmend schmerzt und die Luft einfach nicht da ist. Ich trinke an jeder Station und nehme auch brav die Gels. Letzte Wasserstation- nix mehr da. Puh ok. Kann passieren. Doof, aber nicht zu ändern. Ich komme echt mit letzten Kräften ins Ziel.
Ich sehe Markus relativ bald und merke sofort, dass es bei ihm auch nicht ideal lief. Ich hätte ihm eine neue PB so gegönnt. Berlin ist so perfekt dafür.
Ich habe eine neue PB und bin dennoch erstmal richtig enttäuscht. Dann schaue ich es mir mal richtig an und laut Strava war ich auf den Kilometer 26 sec schneller als letztes Jahr. Und irgendwie ist das doch schon ganz schön ok. Vielleicht wäre die 2.30 unter anderen Umständen was geworden. Wer weiß. Werd ichs nochmal versuchen? Ja vielleicht. Kurz nach dem HM hatte ich noch ne Weile heftiges Halsweh und Husten. Da war der Gedanke eher – lass den Scheiß einfach. Jetzt wo der Hals nicht mehr weh tut, denke ich- doch die 2.30 schaffst Du. Das letzte längere Training davor lief so viel besser als der Wettkampf. Also natürlich schaff ich das unter 2.30 zu bleiben. Vielleicht nicht dieses Jahr und vielleicht auch nicht in Berlin. Wobei es dort halt doch schon ganz schön geil ist. Achso und an alle anderen langsamen Läufer*innen da draußen: 21.1km sind 21.1 km. Immer. Egal welches Tempo. Hauptsache ihr lächelt dabei.
Wir haben uns dann noch ein Bierchen geholt und unsere Sachen geholt, die obligatorischen Medaillenfotos vor dem Reichstag gemacht und sind gemütlich ins Hotel zurück gelaufen. Sehr großartig dass das Hotel Duschzimmer angeboten hat. So konnten wir wenigstens angenehm riechend in den ICE (der Verspätung hatte) einsteigen. Am Bahnhof noch den Kalorienbedarf gedeckt und mit 300 km/h zurück nach Hause.
Viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Überlegt woran nun alles lag. Ich kann es nicht sagen. Werd ich nochmal einen HM laufen? Natürlich. Werd ich nochmal nen Marathon laufen? Eher nein. Ich habe immer noch den Code zur Anmeldung zum Frankfurt Marathon und habe mich bisher noch nicht angemeldet. Ich bin super super enttäuscht von mir. Von meiner Leistung. Von der Art wie ich das Rennen zu Ende gebracht habe. Ich suche nach Gründen. Ich habe mich an den Trainingsplan gehalten und habe trotzdem nicht mal annähernd mein Rennen bis zum Schluss ins Ziel bringen können. Anyway. Ich hab mir das so ausgesucht. Auch den Job der mich fordert und es mir oft schwer macht die 8-10 Stunden Training pro Woche unterzubringen. Aber es macht mir auch Spaß. Alles. Nur muss ich mir eingestehen dass es für mich im nächsten Jahr evtl. keine MD mehr geben wird. Dass ich nur noch OD und Sprints mache – ein paar kurze Läufe einbaue und ab und zu nen HM laufen. Vielleicht ist das der richtige Weg.